Ab Juli lohnt es sich, sich einen neuen Überblick über Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen. Denn Rente und Mindestlohn steigen, während die Strompreise sinken.

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Im Juli treten einige Gesetzesänderungen in Kraft – etwa steigt die Rente und der Strompreis sinkt. Was Verbraucher noch wissen sollten.

Berlin – Nicht nur das Entlastungspaket der Bundesregierung bringt im Juli einige Neuerungen mit sich. Auch bei Steuern, Mobilität und im Bereich Gesundheit wird sich zu Beginn der zweiten Jahreshälfte einiges ändern.

Hintergrund der neuen Gesetze sind zum einen Wladimir Putins Ukraine-Krieg und die dadurch gestiegenen Lebenshaltungskosten, zum anderen aber auch die Corona-Krise sowie die Umweltschutz-Bemühungen der Bundesregierung. Zusätzlich gibt es einige Anpassungen zugunsten des Verbraucherschutzes.  

Sozialleistungen und Entlastungen: Rente und Mindestlohn steigen ab Juli

Mehr als 20 Millionen Rentner und Rentnerinnen erwartet im Juli eine deutliche Erhöhung der Rente. Im Osten steigen die Bezüge um 6,12 Prozent, im Westen um 5,35 Prozent. Sechs Millionen Menschen dürfen sich laut Bundesregierung über ein höheres monatliches Gehalt freuen. Zum 1. Juli wird der Mindestlohn von 9,82 Euro brutto auf 10,45 Euro angehoben. Ab 1. Oktober wird er zwölf Euro pro Stunde betragen. Nach Angaben der Bundesregierung wird dieses Plus bei sechs Millionen Menschen auf dem Gehaltszettel spürbar sein.

Die neun größten Mythen zur Rente

Kommt die Rente automatisch? Wie lange muss man mindestens gearbeitet haben? Und muss sie sogar versteuert werden? Das sind nur einige von vielen Fragen zur Altersvorsorge, die wir Ihnen nachfolgend beantworten wollen.
Kommt die Rente automatisch? Wie lange muss man mindestens gearbeitet haben? Und muss sie sogar versteuert werden? Das sind nur einige von vielen Fragen zur Altersvorsorge, die wir Ihnen nachfolgend beantworten wollen. Dabei wollen wir auch über gewisse Mythen aufklären. © Frank Hoermann/Sven Simon/Imago
Mythos 1: Die Rente kommt automatisch. Hierbei handelt es sich um einen Irrtum. Alle Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung müssen schriftlich beantragt werden.
Mythos 1: Die Rente kommt automatisch. Hierbei handelt es sich um einen Irrtum. Alle Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung müssen rechtzeitig schriftlich beantragt werden. © Imago
Mythos 2: Die Rente muss nicht versteuert werden. Auch das ist nicht richtig. Renten sind grundsätzlich Einkommenssteuer- beziehungsweise Lohnsteuerpflichtig. Jedoch wird das Geld derzeit nicht voll versteuert. Der Prozentsatz hängt vom Zeitpunkt des Renteneintritts ab.
Mythos 2: Die Rente muss nicht versteuert werden. Auch das ist nicht richtig. Renten sind grundsätzlich Einkommenssteuer- beziehungsweise Lohnsteuerpflichtig. Jedoch wird das Geld derzeit nicht voll versteuert. Der Prozentsatz hängt vom Zeitpunkt des Renteneintritts ab. © Joseffson/Imago
Mythos 3: Ein Reha-Aufenthalt mindert die Rente. Nein, ganz im Gegenteil: Während einer Rehabilitation werden die Pflichtbeiträge zu 80 Prozent des vergangenen Bruttolohns von der Rentenversicherung gezahlt, was den späteren Rentenanspruch erhöht.
Mythos 3: Ein Reha-Aufenthalt mindert die Rente. Nein, ganz im Gegenteil: Während einer Rehabilitation werden die Pflichtbeiträge zu 80 Prozent des vergangenen Bruttolohns von der Rentenversicherung gezahlt, was den späteren Rentenanspruch erhöht. © Zinkevych/Imago
Mythos 4: Die Rente gibt es erst, wenn man mindestens 15 Jahre gearbeitet hat. Das ist falsch. Die Mindestversicherungszeit für die Regelaltersrente beträgt fünf Jahre.
Mythos 4: Die Rente gibt es erst, wenn man mindestens 15 Jahre gearbeitet hat. Das ist falsch. Die Mindestversicherungszeit für die Regelaltersrente beträgt fünf Jahre. © Daniel Naupold/dpa
Mythos 5: Zur Rente darf man unbegrenzt hinzuverdienen. Das stimmt so nicht, denn eine Grenze gibt es schon. Wer früher in Rente geht oder erwerbsunfähig ist, kann bis zu 6300 Euro dazuverdienen. Verdient man mehr, kann der Rentenanspruch teilweise oder sogar ganz verloren gehen.
Mythos 5: Zur Rente darf man unbegrenzt hinzuverdienen. Das stimmt so nicht, denn eine Grenze gibt es schon. Wer früher in Rente geht oder erwerbsunfähig ist, kann bis zu 6300 Euro dazuverdienen. Verdient man mehr, kann der Rentenanspruch teilweise oder sogar ganz verloren gehen. © Imago
Mythos 6: Nach 45 Jahren kann man schon mit 63 in Rente gehen. Das stimmt nur zum Teil. Wer besonders langjährig versichert ist, das heißt etwa 45 Jahre, kann grundsätzlich früher in Rente gehen. Das Eintrittsalter verschiebt sich allerdings je nach Geburtsjahr nach hinten.
Mythos 6: Nach 45 Jahren kann man schon mit 63 in Rente gehen. Das stimmt nur zum Teil. Wer besonders langjährig versichert ist, das heißt etwa 45 Jahre, kann grundsätzlich früher in Rente gehen. Das Eintrittsalter verschiebt sich allerdings je nach Geburtsjahr nach hinten. © ME Lukashevich/Imago
Mythos 7: Nur Frauen bekommen die Witwenrente. Das ist in jedem Fall ein Irrtum. Seit 1986 sind sowohl Frauen als auch Männer in der Rentenversicherung gleichberechtigt.
Mythos 7: Nur Frauen bekommen die Witwenrente. Das ist in jedem Fall ein Irrtum. Seit 1986 sind sowohl Frauen als auch Männer in der Rentenversicherung gleichberechtigt. © Jens Kalaene/dpa
Mythos 8: Die Höhe der Rente setzt sich vor allem aus den letzten Arbeitsjahren zusammen. Auch das ist falsch. Die Rentenhöhe berechnet sich aus dem gesamten Versicherungsleben.
Mythos 8: Die Höhe der Rente setzt sich vor allem aus den letzten Arbeitsjahren zusammen. Auch das ist falsch. Die Rentenhöhe berechnet sich aus dem gesamten Versicherungsleben. © Imago
Mythos 9: Wer sich lange Zeit um die Kinder kümmert, hat einen geringeren Rentenanspruch. Das ist nicht wahr. Beschäftigte in Elternzeit haben trotz allem einen Anspruch, obwohl sie eine Weile weniger oder gar nicht arbeiten.
Mythos 9: Wer sich lange Zeit um die Kinder kümmert, hat einen geringeren Rentenanspruch. Das ist nicht wahr. Beschäftigte in Elternzeit haben trotz allem einen Anspruch, obwohl sie eine Weile weniger oder gar nicht arbeiten.  © Michael Gstettenbauer/Imago

Änderungen im Juli: Kinderbonus und Sofortzuschlag – wann kommt das Geld?

Aufgrund der hohen Inflation hat die Bundesregierung zudem einige Pauschal-Zahlungen zur Entlastung von Bürgern und Bürgerinnen zu Juli durchgesetzt. Mit dem Kindergeld soll demnach ein Kinderbonus in Höhe von 100 Euro überwiesen werden.

Für von Armut betroffene Kinder gibt es zudem einen Sofortzuschlag von 20 Euro pro Monat zusätzlich zur Grundsicherung. Leistungsberechtigt sind Kinder und Jugendliche, die mit leistungsberechtigten Eltern zusammenleben. Auch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gibt es einen Leistungsanspruch. 

Eine Einmalzahlung von 200 Euro für Empfänger von Sozialhilfe, Grundsicherung oder Arbeitslosengeld 2 wird ebenfalls im Juli 2022 ausgeschüttet. Wer Arbeitslosengeld 1 bezieht, erhält 100 Euro.

Änderungen ab Juli im Bereich Umwelt, Preise und Steuern

Mit der Energiepauschale in Höhe von 300 Euro wird dagegen erst in einigen Monaten gerechnet. Während die Strompreise aufgrund der weggefallenen EEG-Umlage von 3,72 Cent pro Kilowattstunde zur Förderung von umweltfreundlicheren Stromgewinnungsanlagen voraussichtlich nach dem 1. Juli sinken werden, gibt es bei DHL-Paketen und Nikotin Preissteigerungen. DHL legt die bei Transport und Löhnen gestiegenen Kosten auf Privatkunden um. Zwar wird das von Privatkunden am häufigsten genutzte 5-Kilogramm-Paket um 50 Cent weniger kosten. Doch für andere Leistungen soll der Online-Preisvorteil entfallen, Pluspäckchen und Paketsets werden zudem teurer.

Auch für nikotinhaltige Liquids für E-Zigaretten werden Verbraucher ab Juli tiefer in die Tasche greifen müssen. Denn zu Beginn der zweiten Jahreshälfte unterliegen auch diese der Tabaksteuer in Höhe von 0,02 Euro pro mg Nikotin.

Juli-Änderungen: Pfandpflicht greift – was das für Verbraucher bedeutet

Im Bereich Umweltschutz treten im neuen Monat zwei Gesetzesänderungen in Kraft. Zum einen sind Supermärkte und Discounter seit 2022 dazu verpflichtet, alte Elektrogeräte wieder zurückzunehmen. Zum 1. Juli endet die Übergangsfrist. Das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) nimmt Geschäfte mit Ladenflächen von mindestens 800 Quadratmeter in die Pflicht, die mehrmals im Jahr entsprechende Produkte verkaufen.

Auch bei der Pfandpflicht auf Getränkeverpackungen von Fruchtsäften, Smoothies oder alkoholischen Mischgetränken endet zum neuen Monat die Übergangsfrist. Altbestände dürfen dann nicht mehr verkauft werden. Ausnahme sind Milchgetränke in Plastik-Flaschen und Dosen. Hier haben Händler bis 2024 Zeit.

Mobilität und Wohnen: Diese neuen Gesetze gelten ab Juli

Immobilieneigentümer müssen wegen der Grundsteuerreform, die 2025 in Kraft tritt, ab 1. Juli bis spätestens 31. Oktober eine Feststellungserklärung beim Finanzamt einreichen. Bislang erfolgte die Berechnung auf Grundlage der Wertverhältnisse zum sogenannten Hauptfeststellungszeitpunkts am 1. Januar 1964 (West) beziehungsweise 1. Januar 1935 (Ost). Daraus entstandene Ungleichbesteuerungen für vergleichbare Objekte sollen durch eine Neubewertung aufgehoben werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Berechnung 2018 als verfassungswidrig eingestuft.

Gesetzesänderungen ab Juli Tritt in Kraft am / Frist endet am
Rentenerhöhung 1. Juli
Mindestlohnerhöhung 1. Juli
Pauschalzahlungen und Kinderbonus mit Überweisung der Grundbezüge im Juli
Wegfall der EEG-Umlage auf Strompreise 1. Juli
Tabaksteuer auf nikotinhaltige Liquids 1. Juli
Pflicht für Unternehmen, alte Elektronik zurückzunehmen 1. Juli
Übergangsfrist Pfandpflicht 1. Juli
Feststellungserklärung Grundsteuer 1. Juli bis 31. Oktober
Mietspiegel wird Pflicht 1. Juli
Führerschein umtauschen 19. Juli für Jahrgänge 1953 bis 1958
Verpflichtende Ausstattung mit Fahrerassistenzsystemen 6. Juli
Corona-Tests nicht mehr kostenfrei 1. Juli
Übergangspflicht Masernimpfung 31. Juli

Wer keine Immobilie besitzt, sondern eine mietet, soll vor überzogenen Mieterhöhungen geschützt werden. Zu diesem Zweck sind Städte und Gemeinden ab 50.000 Einwohner mit dem neuen Monat verpflichtet, Mietspiegel zu errechnen. Mit diesen kann die ortsübliche Vergleichsmiete geprüft und Mieterhöhungen besser eingeschätzt werden. Mieter oder Vermieter unterliegen einer Auskunftspflicht gegenüber den Behörden.

Änderungen im Juli: Fahrzeugassistent wird Pflicht

Ebenfalls dem Verbraucherschutz dienen zwei Neuerungen im Bereich Mobilität: Um Fälschungen und Missbrauch zu verhindern, sollen bis zum 19. Januar 2033 alle Bürgerinnen und Bürger innerhalb der Europäischen Union einen einheitlichen Führerschein in Plastikkarten-Format erhalten. Bis zum 19. Juli müssen die Jahrgänge 1953 bis 1958 ihren Führerschein in Papierform umtauschen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Frist auf die zweite Jahreshälfte verschoben.

Außerdem müssen ab dem 6. Juli alle Erstzulassungen und neuen Fahrzeugtypen mit Fahrerassistenzsystemen ausgestattet sein. Dazu gehören ein intelligenter Geschwindigkeitsassistent, eine Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre, ein Warnsystem bei Müdigkeit und nachlassender Aufmerksamkeit des Fahrers, Abbiegeassistenzsysteme und Kollisionswarnsysteme, ein Notbremslicht, Reifendrucküberwachungssysteme, ein Rückfahrassistent sowie die ereignisbezogene Datenerfassung („Black Box“), ein Notbrems-Assistenzsystem für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge sowie Notfall-Spurhalteassistenten.

Auch im Bereich Gesundheit gibt es ab Juli Neuerungen für Verbraucher

Aufgrund der angespannten Haushaltslage kann die Bundesregierung die Kosten für Bürgertests nur noch bis Ende Juni übernehmen, wie Karl Lauterbach erklärt hat. Demnach müssen Verbraucher ab Juli drei Euro pro Test selbst tragen. Risikogruppen jedoch sind davon ausgenommen – konkret geht es um Frauen zu Beginn der Schwangerschaft, Besucher von Kliniken und Pflegeheimen sowie Kinder bis fünf Jahre.

Bis zum 31. Juli läuft noch die Übergangsfrist für die Masern-Impfpflicht. Nachdem diese im März 2020 eingeführt wurde, müssen Beschäftigte in Schulen, Kindergärten, Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünften sowie medizinischen Einrichtungen bis Ende des neuen Monats eine Masernimpfung nachweisen. Wer dem nicht nachkommt, muss mit einem Betreuungs- oder Arbeitsverbot sowie Bußgeldern von bis zu 2500 Euro rechnen. Wer aus medizinischen Gründen keine Impfung erhalten darf oder vor 1971 geboren wurde, ist von der Pflicht ausgenommen, da entsprechende Generationen vermutlich aufgrund einer Infektion immun sind. (tk)